Mehr als nur Schule
von Katharina Brand-Parteck
Christian Dahm besucht zum „Tag der freien Schule“ das Johannes-Falk-Haus
Es riecht nach frisch gebackenen Plätzchen, leckerer Kakao steht auf den Tischen und die vorbereiteten Fragen liegen ebenfalls parat. Rund 20 Schülerinnen und Schüler des Johannes-Falk-Hauses waren zusammengekommen, um einen nicht alltäglichen Gast zu empfangen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Christian Dahm besuchte die Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung im Rahmen des „Tages der freien Schule.“
Der Verband deutscher Privatschulen lädt jedes Jahr zu den „Tagen der freien Schulen - Schenken Sie uns eine (Schul-) Stunde Ihrer Zeit“ ein. Schulen in freier Trägerschaft empfangen Landtagsabgeordnete, um bei Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen das Verständnis für Politik und Demokratie zu wecken oder zu verstärken.
Träger des Johannes-Falk-Hauses ist der evangelische Kirchenkreis Herford. Die Schule bietet Kindern und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf Unterstützung in ihrer Entwicklung. Ziel ist es, den Menschen mit einer geistigen Behinderung ein selbstbestimmtes Leben in sozialer Teilhabe zu ermöglichen. Wie abwechslungsreich, praxisorientiert und erfolgreich das umgesetzt wird, davon konnte sich Christian Dahm direkt vor Ort überzeugen. Der heimische Politiker wurde von den Mitgliedern der gewählten SchülerInnenvertretung empfangen. Schülersprecherin Malaak Jaffal begrüßte den Gast souverän und berichtete von der Vorbereitung auf das Treffen. Die Schülerinnen und Schüler haben sich viel Mühe gegeben und extra einen Film für den Abgeordneten gedreht, in dem sie die Schule vorstellen – er endete mit der Frage: „Können Sie uns helfen?“
Dahm zeigte sich beeindruckt von dem Film und den Fragen der Kinder und Jugendlichen: „Ich habe selten Schülerinnen und Schüler erlebt, die so gut vorbereitet waren.“ Helfen und mit Rat und Tat zur Seite stehen, konnte der Landespolitiker ebenfalls an der einen oder anderen Stelle. Es ging um ein Parkverbot vor der Schule, zu wenig Platz in den Pausen und zu schnelle Autos in der Straße vor der Schule. Christian Dahm empfahl der Schülervertretung einen Brief an den Bürgermeister zu schreiben oder ein Treffen zu vereinbaren, und ihm von den Problemen und Wünschen zu berichten. Außerdem solle man sich an den Kreis Herford und an die Polizei wenden und fragen, ob man ggf. mal selber mit der Laserpistole die Raser kontrollieren darf.
In diesem Zusammenhang erzählte Dahm nicht nur von seinen Aufgaben als Landtagsabgeordneter, sondern auch ein paar persönliche Dinge: „Man wird ja nicht als Politiker geboren. Ich war auch mal Schülersprecher und in der Schülervertretung, genau wie ihr.“ Dass Dahms erlernter Beruf Polizist ist, löste bei den Schülerinnen und Schülern nicht nur ein respektvolles und anerkennendes Raunen aus, sondern entlockte sogar weitere Fragen.
„Wie sich die Schülerinnen und Schüler heute präsentieren, ist etwas ganz Besonderes und nicht alltäglich. Freies Sprechen vor Menschen verlangt ihnen den größten Mut ab. Das verdient Respekt,“ betont Schulleiter Axel Grothe.
„Aber das zeigt den Stellenwert dieses Besuchs. Es ist toll, dass wir Herrn Dahm zeigen können, dass wir wichtig sind. Vielleicht können wir ihm mitgeben, dass er Ministerin Feller sagen soll, dass das Falk-Haus Geld braucht,“ fügt Grothe mit einem Schmunzeln hinzu. Die Schülerinnen und Schüler hätten so viele Ideen, die ungesetzt werden wollen.
Christian Dahm zollte dem Zusammentreffen mit den ganz unterschiedlichen Charakteren Respekt: „Man merkt, dass das hier mehr als nur Schule ist. Toll wie alle ihre Ideen einbringen und wirklich gute Fragen stellen. Gerne helfe ich, wo ich kann.“
Im Johannes Falk Haus wird Inklusion nach eigenen Angaben als Teilnahme und Teilgabe gelebt. Auch im gemeinsamen Gespräch mit Schulleiter Axel Grothe, dem Konrektor Wolfgang Röttger und dem didaktischen Leiter Peter Weber wird die Besonderheit der Hiddenhauser Förderschule deutlich. Das Johannes Falk Haus ist mit 345 Schülerinnen und Schülern eine der größten Förderschulen des Landes und damit größer und schneller gewachsen, als vor einigen Jahren geplant. Als sogenannte „private Ersatzschule“ ist man laut Schulgesetz zwar mit den Regelschulen gleichgestellt, in der Praxis treten aber dennoch Hürden auf. „Diese Schule ist eben nicht mit anderen Schulsystemen vergleichbar“, sagt Christian Dahm. Es fängt damit an, dass die Lehrkräfte keine LandesbeamtInnen sind und dass die Finanzierung von Funktionsstellen nicht dynamisch mitwächst. Grothe wünsche sich, dass die Stellen an den Lehrervollzeitstellen bemessen werden und mit den anderen Systemen gleichgestellt werden. Die Förderschule hat zudem einen 30-prozentigen Anteil an Sonderpädagogen. „Der ganze Tagesablauf ist hier vollkommen anders strukturiert, als an einer Regelschule. Wir haben so viele unterschiedliche Schülerinnen und Schüler. Das reicht von leichteren Einschränkungen bis hin zu schwersten Behinderungen, wo Kinder beispielsweise beatmet werden müssen“, sagt Schulleiter Grothe.
Und die Schule wächst weiter. Die Schülerzahlen steigen seit 2012 stetig an und das Raumangebot muss erweitert werden. Deshalb wird das Johannes-Falk-Haus in ein neues Gebäude investieren. Im kommenden Jahr soll der Trakt für 3 neue Klassen stehen, der Umbau wird im laufenden Betrieb durchgeführt. Übergangsweise wird in der Zwischenzeit in Containern unterrichtet. Auch die bestehenden Räume müssen für die steigenden Anforderungen umgerüstet werden. Grothe lobte in diesem Zusammenhang das gute Miteinander mit dem Kreis Herford, der sich an den Umbaukosten beteiligt.