„Das Justizministerium schaut tatenlos zu, wie seine Staatsanwaltschaften überlastet sind“

von Katharina Brand-Parteck

Antwort auf Kleine Anfrage zu Missständen bei der Staatsanwaltschaft gibt kaum Aufschluss

In NRW sollen viele Autofahrer nach Verkehrsverstößen straffrei bleiben. Wie aus diversen Medienberichten hervorgeht, würden viele Ordnungswidrigkeitsverfahren bei den Staatsanwaltschaften über Monate unbearbeitet liegen bleiben. Viele davon würden verjähren und Raser kämen unbescholten davon.

Hier seien vor allem die Behörden in Bielefeld, Münster, Mönchengladbach und Detmold betroffen. In diesen Staatsanwaltschaften gingen die Geschäftsstellen in unbearbeiteten Fällen unter. Schätzungen zufolge belaufe sich die Zahl der Einstellungen wegen verjährter Fälle alleine in Bielefeld auf bis zu 2000. Zudem wurde der Vorwurf erhoben, dass man die Einstellungen wegen Verjährung steuere. So entstehe der Anschein, man ließe leichtere Verstöße eher verjähren, indem sie nicht rechtzeitig bearbeitet würden.

Fachanwälte empfehlen laut einschlägiger Berichterstattung ihren MandantInnen stets Einspruch gegen Bußgeldbescheide einzulegen, weil die Einstellungsquote (wegen Verjährung) erfahrungsgemäß hoch sei.

„Freie Fahrt für freie Raser in NRW“, wie der SPD-Landtagsabgeordnete Christian Dahm in seiner jüngsten Kleinen Anfrage an die Landesregierung titelte. Die nun eingetroffene Antwort aus dem Justizministerium hält der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion für ernüchternd:

„Minister Limbach macht das, was er immer tut: Schönreden, was schon lange nicht mehr schön zu reden ist. Das Justizministerium schaut tatenlos zu, wie seine Staatsanwaltschaften überlastet sind und wird erst tätig, wenn die Medien und/oder die Opposition auf die Missstände hinweisen.  

Die Staatsanwaltschaft in Bielefeld war schon lange überlastet. Sie ist nicht die einzige Strafverfolgungsbehörde. In der NRW-Justiz fehlt Personal im vierstelligen Bereich. Die Folge haben wir jetzt in Bielefeld gesehen. Auch, wenn Herr Limbach sagt, es habe keine Anordnung gegeben, leichtere Verkehrsverstöße verjähren zu lassen, so ist das - wahrscheinlich - die Konsequenz seiner Personalpolitik.

Festzuhalten bleibt allerdings:

Es wird nur gehandelt, wenn die Presse berichtet. Es wird nur über Personal nachgedacht, wenn der Rechtsfrieden und die beständige Strafverfolgung in Gefahr sind.

Fakt ist: Es wurden Stellen im Bereich der Geschäftsstellen abgebaut.

Dieser strukturelle Stellenabbau und das Sparen der Landesregierung an jeder Ecke führen dazu, dass Straftaten nicht mehr zuverlässig verfolgt werden können. Ob wir hier von einer funktionierenden Strafrechtspflege reden können, mag ich zu bezweifeln.“